Himmelsscheibe von Nebra • Dbachmann • CC-BY-SA-3.0
Im heidnischen Mitteleuropa, bei Kelten und Germanen, war die Sonnenwende ein Höhepunkt im Jahresablauf und das bedeutet auch ein Anlass für Feste zu Ehren der Fruchtbarkeit. In Deutschland versammeln sich Anhänger germanischer Riten am 21 Juni an den Externsteinen im Teutoburger Wald und vielen anderen (Kraft-)Orten um Kontakt mit den Kräften der Natur aufzunehmen.
Archäologen haben entdeckt, dass bereits die Kulturen der Steinzeit die Sommersonnenwende bestimmen konnten. Ein Beleg dafür fand sich 2004 im 7000 Jahre alten Sonnenobservatorium in Goseck (Sachsen-Anhalt). Bezüge zum längsten Tag des Jahres werden auch in der berühmten Felsanlage von Stonehenge in Großbritannien vermutet, die schätzungsweise um 3100 vor Christus errichtet wurde.
Nun die Sonne soll vollenden
Ihre längste, schönste Bahn,
Wie sie zögert, sich zu wenden
Nach dem stillen Ozean!
Ihrer Göttin Jugendneige
Fühlt die ahnende Natur,
Und mir dünkt, bedeutsam schweige
Rings die abendliche Flur.
Nur die Wachtel, die sonst immer
Frühe schmälend weckt den Tag,
Schlägt dem überwachten Schimmer
Jetzt noch einen Weckeschlag;
Und die Lerche steigt im Singen
Hochauf aus dem duft’gen Tal,
Einen Blick noch zu erschwingen
In den schon versunknen Strahl.
Ludwig Uhland (1787-1862), „Sonnenwende”
Die Sonnenwendfeiern finden nicht unbedingt zum astronomischen Zeitpunkt statt, vielfach sind sie mit den Feierlichkeiten der Johannisnacht zum 24. Juni, dem Festtag Johannes des Täufers, verbunden, sicher weithin auf Betreiben der Kirche, die so den heidnischen Hintergrund des Festes zu verdrängen suchte. Symbol des Johannistages ist eine teilweise geschälte, mit Blumen bekränzte Fichte. Um diesen Johannisbaum werden Reigen getanzt, immer linksherum, dem Lauf der Sonne entsprechend.
Andere Bräuche sind aus Eichenlaub geflochtene Johanniskronen an Türen und Dächer gebunden, ein Anklang an den Gott Donar, dem die Eiche heilig ist und der als Gewittergott das so geschmückte Bauwerk verschonen sollte. Weiteres Brauchtum siehe weiter unten und unter Johannes.
Die Sonnenwende markiert im Mythos einen Höhe- und Wendepunkt. Die germanische Sage weiß von Siegfried zu berichten, der von Hagen zur Sonnenwende getötet wird. Siegfried ist der strahlende Sonnenheld, der tagsüber unüberwindlich ist. Mit der Sonnenwende verliert er Macht und Leben.
Damit ist aber kein Tod im eigentlichen Sinne gemeint, vielmehr darf auf eine Wiederkehr gehofft werden und tatsächlich zeigt der Jahreslauf, daß dem Absterben im Herbst und der toten Zeit des Winters im Frühjahr neue Fruchtbarkeit folgt, die sich im Sommer zur ganzen Pracht entfaltet und der Zyklus weitergeht.
Es ist dies die Vermählung der Erdgöttin in Heiliger Hochzeit mit dem Sonnenheros, wie es in Mythen vielfach überliefert ist, z. B. die Isis und der sterbende Osiris.